• 2022 September
    • Rückblick
      17. September 2022 bis 23. September 2022

      Internationale Architekturstudierende und Gesell:innen des Ausbaugewerbes arbeiten gemeinsam mit der Bevölkerung am neuen Landzentrum Sundhausen in Thüringen

      Der ländliche Raum ist vielerorts von demografischer Schrumpfung und resultierendem Leerstand geprägt. Auch soziale und medizinische Dienstleistungen sind davon betroffen. Wie kann man dem Rückgang an Angeboten begegnen und so das Leben auf dem Land wieder attraktiver gestalten?

      In der Thüringer Dorfregion Seltenrain engagieren sich seit Jahren die Stiftung Landleben und der Verein Landengel e.V. mit der Planung und Umsetzung eines neuen Gesundheits-, Pflege- und Versorgungsnetzwerks. Ziel ist es, im Zuge des demografischen Wandels nicht nur Gesundheitsdienstleistungen im Unstrut-Hainich-Kreis anzubieten, sondern soziale Isolation zu vermeiden und die Pflege, Altenhilfe und das Wohlfahrtswesen in ländlichen Regionen zu ermöglichen.

      Zur Stärkung dieser sozialen Infrastruktur wird ein leerstehender Konsum in Sundhausen zu einem neuen Dorfmittelpunkt und Treffpunkt umgebaut. Als Teil des Projekts finden im Rahmen der IBA Thüringen seit Frühjahr 2021 organisiert von der TU Berlin/CODE und mit Unterstützung der Sto-Stiftung Bauhütten unter der Beteiligung von Studierenden und Handwerker:innen des Ausbaugewerbes statt.

      Vom 17. bis 25. September 2022 findet die mittlerweile 5. Bauhütte jetzt mit internationaler Verstärkung statt: Die TU Berlin, die Veldacademie mit der TU Delft, die TU Wien, PUC Santiago de Chile, Bauhaus-Universität Weimar und Maler-Fachschulen aus ganz Deutschland haben unter dem IBA Motto ›Aufbruch durch Gestaltung‹ den weiteren Umbau des Leerstandes zum Ziel. So werden die Potenziale von Nachnutzung gestalterisch sichtbar gemacht. Es werden bauliche Interventionen im Innen- und Außenraum stattfinden, die vom Möbelbau über Textilarbeit bis zum Lehmbau und einer neuen Platzgestaltung reichen. Bei Hands-On-Workshops werden die Dorfbewohner:innen und Gäste aus dem Aus- und Inland zusammenkommen. Begleitende öffentliche Fachvorträge ergänzen das Programm.

      Vor dem Hintergrund des Klimawandels steht bei der 5. Bauhütte außerdem das zirkuläre Bauen – also die Wiederwendung von Material aus dem Baustoffkreislauf – im Vordergrund. Dazu schenkte das Het Nieuwe Instituut Rotterdam das Material ihres temporären, pinkfarbenen Holzdachs den Sundhausenern. Und die Veldacademie Rotterdam schickte ihre Holzmodule eines mobilen Theaters für die 5. Bauhütte nach Thüringen. Mit einem Aufruf an die Region Sundhausen und darüber hinaus wurden zusätzlich Textilien zur Wiederverwendung gesammelt.

      Projekthintergrund

      Die gemeindeübergreifende Stiftung Landleben und der Verein Landengel e.V. wollen ein neues Gesundheits-, Pflege- und Versorgungsnetzwerk in der Dorfregion Seltenrain aufbauen. Dazu gehören zwei im Rahmen der IBA Thüringen entstehende Projekte: Ein Landzentrum mit verschiedenen Gesundheitsangeboten und Dienstleistungen unter einem Dach sowie Gesundheitskioske als Anlaufstelle und dezentraler Treffpunkt für Versorgungsfragen und Beratungen in den beteiligten Orten. Die Region Seltenrain wird damit zum Modellfall für die Vorsorge auf dem Land und zeigt, dass in Zeiten des demografischen Wandels gute Angebote für mehr Lebensqualität auch abseits der Stadt mit der Hilfe engagierter Akteure möglich sind.

      Der begleitende Bauhüttenprozess unterstützt das Projekt Landzentrum mit baulichen Impulsen. Durch die Kollaboration von Stiftungen, Hochschulen, Berufsschulen, Vereinen und der Bevölkerung im Rahmen einer Internationalen Bauausstellung wird die Entwicklung des ländlichen Raums aus diversen internationalen und lokalen Perspektiven vorangetrieben und anhand von Modellprojekten im 1:1 Maßstab erprobt.

      Bauhütte

      Dem Gedanken eines Bau-Laboratoriums folgend rückt die sogenannte Bauhütte, die immanente Verbindung von Gestalt und Konstruktion, ins Zentrum der Architektur, die sowohl gestalterisch als auch baukonstruktiv wegweisend werden kann und die das ländliche Bauen darüber hinaus ganz explizit als Zukunftsfeld begreift, das neue Perspektiven im Stadt-Land Kontext eröffnet. Der experimentelle Charakter des Vorhabens in Sundhausen dient der Entwicklung von prototypischen (Ein-)Bauten einerseits und der Entwicklung neuer, kollaborativer Prozesse andererseits.

      Ziel des Bauhütten-Prozesses ist es, alle am Bau beteiligten Akteur:innen frühzeitig durch Runde-Tisch-Gespräche und Workshops einzubinden und die Bauhütte als ein Format des Austauschs und Diskurses zu begreifen, in dem interdisziplinär und gewerkübergreifend agiert werden kann. Übergeordnet steht hier der Gedanke im Mittelpunkt, Architektur und Handwerk durch die Arbeit an einem gemeinsamen Projekt stärker zusammenzuführen.  

      Landengel e.V. und Stiftung Landleben

      Die vier Gemeinden Blankenburg, Kirchheilingen, Sundhausen und Tottleben haben vor mehr als zehn Jahren gemeinsam mit der Agrargenossenschaft die Stiftung Landleben gegründet. Stiftungsziele sind die Umsetzung altersgerechten Wohnens und die Wiederbelebung der ländlichen Bausubstanz sowie, ganz allgemein, die Versorgung des ländlichen Raums. Die Stiftung kümmert sich um Fragen der Daseinsvorsorge und Lebensqualität. Bis heute hat sie barrierefreien Wohnraum auf innerörtlichen Brachen geschaffen, Sanierungsprojekte für leerstehende Häuser angestoßen und ein ehrenamtliches Mobilitätsangebot für ältere Menschen eingeführt. Der Landengel e.V. setzt die Stiftungsprojekte um.

      Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringen

      Die IBA Thüringen ist ein über zehnjähriges Planungs- und Baukulturformat mit Abschluss im Jahr 2023. Unter dem Motto StadtLand arbeitet sie in Kooperation mit verschiedenen Partner:innen beispielhaft an nachhaltigen Projekten mit einem innovativen Gestaltungsanspruch. Die beiden Projekte Landzentrum und Gesundheitskioske in der Region Seltenrain sind zwei von über 30 Vorhaben der IBA Thüringen.

      Sto-Stiftung

      Die gemeinnützige Sto-Stiftung ist nicht nur finanzieller Partner des Bauhütten-Projekts, sondern betritt mit dem Zusammenführen der beiden Stiftungszweige Architektur und Handwerk neues Terrain. Unter dem Motto Kopf-und-Handentspricht dies den neu formulierten Zielsetzungen der Stiftung, sich von einer auf Zustiftung basierenden zu einer auch aktiv inhaltlich arbeitenden Stiftung zu entwickeln. 

      Projektpartner

      • TU Berlin, CODE | Entwerfen und Baukonstruktion, Prof. Ralf Pasel 
      • Veldacademie Rotterdam mit TU Delft, Niederlande, Prof. Otto Trienekens
      • TU Wien, Prof. Ute Schneider
      • PUC Santiago de Chile, Prof. Renato D’Alencon
      • Bauhaus-Universität Weimar, Prof. Sigrun Langner
      • Berufsschulen aus Deutschland, vertreten durch Gregor Botzet
      • Stiftung Landleben/Landengel e.V., Christopher Kaufmann, Frank Baumgarten
      • Gemeinde Sundhausen, Bürgermeister Christopher Kaufmann
      • Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringen, Geschäftsführerin Dr. Marta Doehler-Behzadi, Projektleiterin Kerstin Faber
      • Sto-Stiftung, Prof. Ralf Pasel, Stiftungsrat Architektur, Gregor Botzet, Stiftungsrat Handwerk, Till Stahlbusch, Stiftungsvorstand, Anne Bambauer, Stiftungsrätin für Kommunikation
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      • Materialsponsoring
      • Het Nieuwe Instituut, Rotterdam, Niederlande
      • HIP – Homann Import & Produktions GmbH & Co. KG, Altenberge 
      • Kvadrat, Dänemark
      • Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie e.V., Berlin
      • Sto SE & Co. KGaA, Stühlingen
      Anger 99947 Sundhausen
      Deutschland
      DE

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