IBA Konferenz zu Leitthemen der Internationalen Bauausstellung Thüringen
Über 250 Gäste aus Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, von Verbänden und Stiftungen waren zusammen gekommen, um die Impulsvorträge der 21 Referentinnen und Referenten zu hören und sich in den Fachdialog mit der IBA Thüringen einzubringen.
Grundlage für die thematische Ausrichtung der Konferenz waren drei Werkstattgespräche, die im September 2013 die Leitthemen Demografie, Energie und Raum in den Blick genommen hatten. Nach diesen kleineren Gesprächen öffnete sich die IBA nun mit der Konferenz einer breiteren Fachöffentlichkeit. Die Einladung, sich in den Diskurs einzubringen, nutzten die Gäste rege.
Christian Carius, Thüringer Minister für Bau, Landwirtschaft und Verkehr sowie Aufsichtsratsvorsitzender der IBA Thüringen stellte in seinem Impulsvortrag heraus, dass Thüringen ein Vorreiter für andere Regionen in Europa in der Frage sein könne, wie der demografische und energetische Wandel aktiv zu gestalten sei.
Matthias Machnig, Thüringer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, forderte in seinem Impulsvortrag über ökologische Wirtschaftspolitik einen fundamentalen Paradigmenwechsel hin zu einem Wachstum ohne Ressourcenverbrauch. Er plädierte in diesem Kontext für eine '3. Industrielle Revolution'. Diese Entwicklung müsse in Industrienationen wie Deutschland vorangetrieben werden.
In drei thematischen Blöcken – Regionalität & Kulturlandschaft, Diversität & Initiative sowie Dezentralität & Vernetzung – gaben jeweils drei Impulsvorträge von Experten den Anstoß für Reflexion und Diskussion.
Es wurde deutlich, dass die Raumcharakteristik von Thüringen – seine spezielle, stabile Siedlungsstruktur, die sich über Jahrhunderte zu einem kulturell vorgeprägten ‚Patchwork von Regionen´ entwickelt hat – prägend auch für die Beziehung von Stadt-Land ist. Wie können Ressourcen von Stadt und Land besser vernetzt und Kreisläufe regionaler Wertschöpfung entwickelt werden? Kann Regionalität durch neue Raumbilder und Raumpioniere gestärkt werden? Wie kann der Wandel der Kulturlandschaft aktiv gestaltet werden? Diese Leitfragen prägten den ersten Themenblock Regionalität & Kulturlandschaft.
Der Themenblock Diversität & Initiative vertiefte die These, dass der – durch den demografischen Wandel bedingte – Rückgang an Dichte zugleich mehr Freiheiten bedeutet. Diese Freiheiten experimentell zu nutzen ist ein zentrales Anliegen der IBA Thüringen. Wie können die Initiativen vor Ort zur Gestaltung des demografischen Wandels beitragen? Welche neuen Formen der Daseinsvorsorge können im ländlichen Raum entstehen? Diesen Fragen widmete sich der zweite Themenblock.
Der dritte Themenblock Dezentralität & Vernetzung veranschaulichte die Energiepotenziale in Thüringen. Wie kann die Energieversorgung dezentral organisiert, aber gut vernetzt erfolgen? Wie kann eine Kultivierung der Energiewende gelingen, die Baukultur, lokale Wertschöpfung und Mitbestimmung ernst nimmt? Kann die Thüringer Ressourcenvielfalt besser genutzt werden? Mit diesen Fragen befassten sich Referenten, Podium und Publikum im dritten Konferenzblock.
Die Konferenz verdeutlichte, dass in Thüringen Ressourcen liegen, die noch nicht von allen als solche wahrgenommen werden, aber etwas sehr besonderes sind, weil sie für Lebensqualität stehen, z.B. Städte, landschaftliche wie kulturelle Qualitäten. Die IBA Thüringen hat vor, diese Qualitäten in den Blick zu nehmen. Die IBA Thüringen wird sich an der Schnittstelle Stadt – Land bewegen, und nicht die oft geführte Diskussion Periferie vs. Zentrum führen. Sie nimmt für sich in Anspruch, Ausnahmezustand auf Zeit und Zukunftslabor zu sein, die ein bestimmtes Maß an Unabhängigkeit und kuratorischer Verantwortung benötigen. „Der Prozess der IBA wird sich schrittweise aufbauen: zum einen durch programmatische Diskussionen wie diese Konferenz, zum anderen in Projektlaboren vor Ort. Die IBA will Beispiele geben in konkreten Projekten. Die Hochschulen spielen dabei eine wichtige Rolle als Ideengeber“, so der Geschäftsführer der IBA Thüringen, Prof. Dr. Engelbert Lütke Daldrup.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz formulierten auch ganz gezielte Wünsche und Erwartungen an die IBA Thüringen: Die IBA als unglaubliche Chance für Thüringen müsse Begeisterung wecken und auf die Menschen zugehen. Sie müsse erreichen, dass jeder Beteiligte sich als Gewinner fühle, dass ein Wir-Gefühl über die eigene Region hinaus entstehe. Eine durch die IBA Thüringen vermittelte Zuwanderungsquote aus dem Ausland von 2% jährlich wurde ebenso an die IBA herangetragen wie der Wunsch, „Nullwachstum sexy zu machen“.
In seinem Abschluss-Statement griff der Geschäftsführer der IBA Thüringen diese Erwartungen als Anregungen für den IBA Prozess auf. Er gab einen Ausblick auf das Jahr 2014, in dem voraussichtlich drei Projektaufrufe in drei sogenannten Projektfamilien erfolgen würden: zur Zukunft der Kulturlandschaft, zur Zukunft der Quartiere und zur Zukunft der Kommunen. Er erläuterte auch das Projektverfahren der IBA, nach dem die IBA in zwei Stufen Projekte auswählen werde, die dann in Projektlaboren vernetzt und weiter qualifiziert würden. 2014 würden auch die Qualitätskriterien kommuniziert, die der Aufsichtsrat nach Diskussionen in Kuratorium und Fachbeirat beschließt. Der Geschäftsführer der IBA Thüringen verdeutlichte, dass die IBA Thüringen ihren Partnern in diesem Prozess bei der Qualifizierung der Projekte, bei der Erschließung von Finanzierungsquellen und bei der Kommunikation der Projekte Unterstützung bieten könne.
Die zehnjährige IBA Reise kann nach breiter Einbindung der Fachöffentlichkeit nun gemeinsam mit vielen neu gewonnenen Partnern fortgesetzt werden. „Die IBA ist eine offene Veranstaltung, offen für Kritik und Anregungen - und hoffentlich auch für manche gute Idee, die wir dann gemeinsam umsetzen können“ – mit diesen Worten entließ Prof. Dr. Lütke Daldrup die Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer nach einem intensiven Konferenztag in den Abend.