Kannawurf, Klimakulturlandschaft
1.500 Hektar Zukunft
Projektwebsite: www.klimakulturlandschaft.de
In Zeiten des nicht mehr zu leugnenden Klimawandels muss es zu einem grundsätzlich neuen Verhältnis von Individuen und Natur, von Siedlungen und Freiräumen sowie von Gesellschaft und Ressourcen kommen. Wie sieht vor diesem Hintergrund eine gute Landwirtschaft aus? Diese Frage ist heute aktueller denn je, denn Temperaturen steigen, Extremwetterereignisse nehmen zu, Niederschläge verlagern sich in die Winterzeit und die Vegetationsperiode verschiebt sich. Aber nicht nur der Klimawandel stellt die bisherige Praxis vor grundlegende Herausforderungen, sondern auch die gesellschaftlichen Veränderungen und die steigende Abhängigkeit von globalen Entwicklungen. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft muss daher künftig mehrdimensional gedacht werden, um sich den Veränderungen anzupassen, um Klimaschäden zu minimieren und um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Konsequenz dieses mehr-dimensionalen Transformationsprozesses ist die Neubewertung unserer Landwirtschaft, ihrer Funktion, Nutzung und Akteur:innen. Gefragt sind nicht nur die Landwirt:innen allein, sondern wir als Gesellschaft insgesamt.
Am Beispiel Kannawurf, einer Gemeinde im Thüringer Becken, wurde ein Konzept für die Zukunft der Landwirtschaft entworfen, das ökologische, ökonomische und soziokulturelle Strategien zusammen betrachtet. Entstanden ist ein Leitbild für eine klima-gerechte Landwirtschaft des 21. Jahrhunderts, das mit neuen Landschaftstypen, einem betriebsübergreifenden Fruchtfolgenmanage ment und künstlerischen Interventionen die Landschaft und Landwirtschaft anders in den Blick nimmt. Im Nordosten Thüringens, im Landkreis Sömmerda, nahe dem Kyffhäuser und eingebettet zwischen dem bewaldeten Höhenzug Hainleite und dem Fluss Wipper, liegt Kannawurf. Die Gemeinde ist geprägt von großflächiger, intensiv bewirtschafteter Agrarlandschaft, dem kleinen Dorf Kannawurf mit rund 800 Einwohner:innen und einem Renaissanceschloss. Kannawurf ist damit eine typische Gemeinde im ländlichen Raum von Thüringen.
Das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde prägen zu einem Großteil die Freiwillige Feuerwehr, ein agiler Karnevalsverein, der ortsansässige Landwirt, die Umweltgruppe — und die Neubesitzer:innen des Schlosses. Im Jahr 2007 erwarb der Künstlerhaus Thüringen e. V. unter dem Vorsitzenden Roland Lange das Schloss Kannawurf und engagiert sich seitdem für die schrittweise Sanierung des Schlosses, die Wiederbelebung des Renaissancegartens und für die kulturelle Aktivierung. Mehr noch: Der Verein inszeniert seit Jahren künstlerische Interventionen im Dorf und in der Landschaft für eine gelebte Teilhabe und für eine veränderte Land(wirt)-schaftsgestaltung.
Ein IBA Campus im Sommer 2017 war der gemeinsame Auftakt von Künstlerhaus und IBA Thüringen für die Entwicklung neuer Landschaftsbeschreibungen. Die regionale Selbstversorgung, der Schutz von Flüssen, Wäldern und Wiesen und der Zugang der Menschen zur Landschaft spielten eine genauso große Rolle wie die finanzielle Unabhängigkeit der Region und ihr gemeinschaftliches Denken und Handeln. Mit diesem Ziel vor Augen gründeten die Partner:innen mit Landwirt:innen vor Ort und weiteren Akteur:innen 2019 die Koop Kannawurf. Gemeinsam wollten sie konkret prüfen lassen, wie die konventionell bewirtschafteten Agrarflächen in Kannawurf ökologisch, ökonomisch und ästhetisch aufgewertet werden können. Immer stand dabei das Prinzip der Nachhaltigkeit und des sozialen Mehrwerts ohne wirtschaftliche Einbußen im Mittelpunkt.
Im Ergebnis entstand ein lokalklimatisches Leitbild für eine klimagerechte Kulturlandschaft des 21. Jahrhunderts. Dazu entwickelten die Landschaftsarchitekten Green4Cities aus Graz/Wien die Landschaftstypen Aue, Kuppe und Hang, die aufgrund ihrer unterschiedlichen klimatischen Effekte identifiziert wurden. Für sie sind jeweils verschiedene Fruchtfolgen zur Minimierung der Wind- und Wassererosion, von Hitzeinseln und Oberflächentemperaturen und spezielle Anpassungsstrategien an den Klimawandel entwickelt worden.
Das Auenbecken liegt im Frischlufteinströmbereich, wodurch kühlere Temperaturen und ein feuchteres Habitat gehalten werden können. Wesentlich ist daher, dass diese Kaltluftdurchströmung im Aubereich erhalten und freigehalten wird, um wichtige Anbaustandorte für hochwertige Kulturen zu sichern. © Green4Cities
Die Hangzonen und die Kuppen sind bereits heute geprägt von hohen Temperaturen. Mithilfe von Mischkulturen und Untersaaten sollen die Felder daher möglichst lange begrünt und hierdurch eine Erhöhung der Wasserspeicherfähigkeit, Verminderung der Verdunstung, Erosionsschutz und eine humusaufbauende Wirkung erzielt werden. © Green4Cities
Zukunft Klimakulturlandschaft Kannawurf, Konzept und Visualisierung: Green4Cities GmbH, Graz/Wien
Ein zusammenhängendes Wegenetz als »Grünes Band« mit neuen und wiederbelebten Verbindungen zwischen den Dörfern, die sich an den Bedürfnissen von Fußgänger:innen und Fahrradfahrer:innen orientieren, bietet eine erste Zugänglichkeit, denn: Nur wer die Landschaft kennt, kann ein kritisches Bewusstsein für ihre Nutzung und Bewirtschaftung entwickeln und sie (wieder) schätzen lernen. Dies kann über die bewusste Gestaltung von Land(wirt)-schaft selbst wie auch über ihre Erlebbarkeit erfolgen. Der Verlauf des Bands ist so konzipiert, dass darin vor allem erosionsgefährdete und ökologisch wertvolle Flächen wie vernässte Bereiche gesichert sind und es so auch dem Boden- und Gewässerschutz dient.
Anhand eines überbetrieblichen Fruchtfolgenmanagements zeigt das Leitbild darüber hinaus, wie eine kooperative Agrarproduktion zwischen Landwirt:innen und Verarbeiter:innen aussehen könnte: Wenn der Wechsel der Getreide- und Gemüsekulturen im Beet nicht nur betriebsintern, sondern überbetrieblich und regional auf viele Landwirtschaftsunternehmen ausgerichtet wird, können trotz kleinerer Ackerflächen pro Kultur größere Abnahmemengen gewährleistet werden. Das reduziert für die Landwirt:innen das Investitionsrisiko, weil sie erst einmal mit kleinen Flächen anfangen können, und gibt den Abnehmer:innen mehr Sicherheit durch stabile Lieferungen. Aus der Summe der kleinen Teile wird ein großes, nachhaltiges Ganzes.Das Künstlerhaus Thüringen hat seit 2021 mit der Umsetzung verschiedener Landschaftselemente begonnen und in der Aue und auf den Hängen circa 1.600 neue Bäume gepflanzt und mehrere Kilometer Hecken angelegt. Seit 2022 legt Philipp Gerhardt von der Deutschen Agroforst GmbH im Auftrag der Koop Kannawurf auf einer acht Hektar großen Versuchsfläche der Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft GmbH »Keyline-Strukturen« an. Keylines sind Versickerungsgräben oder Bearbeitungsmuster, die fast hangparallel, aber mit leichtem Gefälle in eine festgelegte Richtung das abfließende Regenwasser auffangen, umverteilen und die Flächen so nachhaltig mit Wasser versorgen können. Gehölze unterschiedlichster Art entlang der Rinnen sollen die Wirkung verstärken und den Boden stabilisieren. Eine Studie der Tractebel Hydroprojekt GmbH ergab eine Minderung der Bodenerosion um bis zu 60 Prozent. Bei einer Umsetzung im größeren Stil können sogar ganze Landschaften abgekühlt und damit die Regenwahrscheinlichkeit erhöht werden.
Im Rahmen der IBA Thüringen werden die unterschiedlichen Keylines bis Ende 2023 untersucht und ihre Wirkung dokumentiert. Das Ergebnis wird unter klimakulturlandschaft.de veröffentlicht.
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Klimakulturlandschaft Kannawurf im IBA Finale 2023
Die vierte Etappe der finalen IBA Tour führte den Fachbeirat und das Team der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen am 1. März 2023 nach Kannawurf. Dort überreichte die IBA Geschäftsführerin Marta Doehler-Behzadi den Projektpartnern Roland Lange und Udo Wengel stellvertretend für alle Kooperationspartner:innen des IBA Projekts Klimakulturlandschaft Kannawurf Urkunden zur Aufnahme in die IBA Abschlusspräsentation. Dieser symbolische Akt ist die finale Auszeichnung, welche ein Projekt im Rahmen der IBA Thüringen erreichen kann.
IBA Fachbeirat empfiehlt Projektstatus für ›Klimakulturlandschaft‹
Der IBA Fachbeirat hat am 2. September 2022 empfohlen, dem Projekt ›Klimakulturlandschaft‹ den Status eines IBA Projekts zu verleihen.
Werkstattgespräch ›Zukunft Landwirtschaft‹ - Neue Klimakulturen und Kooperationen
Donnerstag, 1.10.2020, ab 10 Uhr
Open Factory Eiermannbau, Auenstraße 11, 99510 Apolda
Videobeiträge aus der Werkstatt
In einer Kooperation mit der Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft mbH, der agrar-GmbH Oldisleben und der IBA Thüringen GmbH mit dem Künstlerhaus Thüringen e.V. wurde eine Machbarkeitsstudie zur nachhaltigen Entwicklung von bewirtschafteten Agrarflächen beispielhaft auf der Gemarkung Kannawurf im Landkreis Sömmerda erstellt. Im Ergebnis ist das ganzheitliche Leitbild ›Klimalandschaftstypologien mit überbetrieblichem Fruchtfolgenmanagement‹ entstanden.
Im Rahmen der Leitbildentwicklung wurden innerhalb der Gemarkung Kannawurf drei Klimalandschaftstypologien - Hang, Kuppe, Aue - aufgrund lokal-klimatischer Effekte identifiziert. In diesen sollen jeweils konkrete Maßnahmen zur Minimierung der Erosion (Wind- und Wassererosion), von Hitzeinseln und Oberflächentemperaturen und gleichzeitig Anpassungsstrategien an den Klimawandel umgesetzt werden. Dazu gehören ein speziell für den Standort definierter Anbau von Mischkulturen, Untersaaten und Fruchtfolgen sowie die Umsetzung der Nachhaltigkeitstechnik ›Keyline Design‹.
Die wirtschaftliche Basis der neuen Klimalandschaftstypologien bildet der Aufbau eines überbetrieblichen Fruchtfolgenmanagements als Zusammenschluss zwischen Agrarunternehmen sowie Verarbeitern. Dazu wird der Fruchtwechsel nicht nur betriebsintern sondern überbetrieblich regional ausgerichtet, um auch bei kleineren Schlägen und der Erhöhung der Feldfruchtsortenanzahl größere Abnahmemengen gewährleisten zu können. Dies erzeugt sowohl bei den Landwirten (weniger Risiko) wie auch bei den Abnehmern (mehr Sicherheit bei größeren Mengen) Stabilität. Verarbeitung und Lagerkapazitäten sowie spezialisierte Maschinen (z.B. Miete) können geteilt werden, um Kosten zu minimieren.
Das Neue an dieser Kooperation ist, dass es nicht nur um die allgemeine Erhöhung der Wertschöpfung geht, sondern um die ökologische und gleichzeitig ökonomische Stabilisierung einer klimagerechten Land(wirt)schaftsregion. Die Landschaft gibt die Regeln vor, nicht der Bedarf. Vorrangig soll damit auch eine regionale Wertschöpfungskette aufgebaut werden, die wieder neue Bezüge zwischen Stadt, Land und Landschaft sowie zwischen Produzent*innen und Konsument*innen generiert.
Bei dem IBA Werkstattgespräch am 1. Oktober wurden das neue Leitbild ›Klimalandschaftstypologien mit überbetrieblichem Fruchtfolgenmanagement‹ präsentiert und Beiträge zu Strategien des Ressourcenschutzes und regionaler Kooperationen in Thüringen zur Diskussion gestellt. Welche Perspektiven haben die Konzepte und Strategien? Welche Chancen bieten sie? Woran müssen wir gemeinsam weiter denken und arbeiten? Wie können wir weitere Partner finden? Welche Erfahrungen gibt es aus ähnlichen Projektvorhaben? Und was können wir lernen?
10 Uhr
Come together
10.10 Uhr
Begrüßung
Dr. Marta Doehler-Behzadi, Geschäftsführerin IBA Thüringen, Apolda
Dr. Ingo Zopf, Abteilungsleiter Landwirtschaft und Ländlicher Raum im Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft, Erfurt
10.25 Uhr
1.500 Hektar Zukunft Kannawurf
Fragen an die Land(wirt)schaft
Roland Lange, Vorsitzender des Künstlerhaus Thüringen e.V. und IBA Kandidat, Kannawurf
Kerstin Faber, Projektleiterin IBA Thüringen, Apolda
Projektpräsentationen inkl. Rückfragen:
10.45 Uhr
Neue Klimakulturlandschaft
Klimalandschaftstypologien mit überbetrieblichem Fruchtfolgenmanagement
Bernhard König, Landschaftsarchitekt und Geschäftsführer der Green4Cities GmbH, Wien
11.15 Uhr
Keyline Design
Möglichkeiten und hydrologische Wirkung der Nachhaltigkeitstechnik
Philipp Gerhardt, Forstwirt und Geschäftsführer Baumfeldwirtschaft, Brück
Dr. Mohamad Reza Salehi Sadaghiani, Bauingenieur und Projektleiter Tractebel Hydroprojekt GmbH, Weimar
11.45 Uhr
Regionalbündnis Thüringen
Neues Netzwerk zwischen Erzeugern und Verarbeitern
Dr. Frank Augsten, Abteilungsleiter Landwirtschaftliche Erzeugung, Gartenbau und Bildung im Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (TLLLR), Jena
12.15 Uhr
Gemeinsames Mittagessen
13.00 Uhr
Moderiertes Werkstattgespräch
- Dr. Marta Doehler-Behzadi, Geschäftsführerin IBA Thüringen, Apolda
- Katrin Hucke, Rechtsanwältin und Hauptgeschäftsführerin Thüringer Bauernverband e. V., Erfurt
- Dr. Frank Augsten, Abteilungsleiter Landwirtschaftliche Erzeugung, Gartenbau und Bildung im TLLLR, Jena
- Bert Kämmerer, Vorsitzender Kreisbauernverband Erfurt/Sömmerda und Geschäftsführer der Geratal Agrar GmbH & Co. KG, Andisleben
- René Kolbe, Leiter Pahren Agrar Kooperation, Pahren
Gegen 14.00 Uhr
Ausklang
Moderation:
Daniel Dabbelt, Journalist, top agrar
Die Machbarkeitsstudie wird gefördert im Rahmen der Zusammenarbeit in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (LFE) durch Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete (ELER) und den Freistaat Thüringen, 2019-2020
Leitbild für eine neue, klimagerechte Kulturlandschaft Kannawurf
Gemeinsam mit der Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft mbH, der agrar-GmbH Oldisleben und dem Künstlerhaus Thüringen e.V. arbeitet die IBA Thüringen an einer Machbarkeitsstudie über die ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltige Aufwertung bewirtschafteter Agrarflächen am Beispiel Kannawurf. 2020 gestalten Green4Cities aus Wien im Auftrag der Partner ein neues Leitbild für eine Kulturlandschaft des 21. Jahrhunderts.
Das Leitbild sieht vor, anhand unterschiedlicher Klimalandschaftstypologien und mithilfe eines regionalen, überbetrieblichen Agrarproduktmanagements in Kannawurf eine beispielhafte Landschaft für Thüringen entstehen zu lassen. Basis hierfür bilden konkrete Maßnahmen zur Reduzierung von Wind- und Wassererosionen, von Hitzeinseln und Oberflächentemperaturen durch individuell bestimmte, neue Anbaumethoden und -kulturen für ein neues Land(wirt)schaftsbild und das kooperative Agrarproduktmanagement. Eine neue Verbindung zwischen Agrarprodukt und Veredelung soll zukünftig dafür sorgen, dass die Anteile Thüringer Rohstoffe in der Thüringer Lebensmittelverarbeitung erhöht werden, um eine bessere lokale Wertschöpfung zu ermöglichen.
Geplant ist in einem nächsten Schritt, die im Leitbild vorgesehenen Maßnahmen ab 2021 modellhaft in und um Kannawurf umzusetzen.
EU Förderung für den Acker der Zukunft
Gemeinsam mit dem Künstlerhaus Thüringen und in Kooperation mit der Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft mbH, der agrar-GmbH Oldisleben und der IBA Thüringen wird 2019 eine Machbarkeitsstudie erstellt, die fragt, wie man die konventionell bewirtschafteten Agrarflächen in Kannawurf ökologisch, sozial, ökonomisch nachhaltig und ästhetisch aufwerten kann: Wie kann Landschaft im Sinne von Landwirtschaft neu sortiert, gedacht, organisiert, gestaltet und vermittelt werden? Wie können Landwirte ihre Flächen ökologisch und ästhetisch aufwerten, ohne ökonomische Einbußen zu haben oder verstärkt fördergeldabhängig zu werden? Wie kann die Agrarlandschaft sich neuen Organisations- und Aneignungsmodellen öffnen, die die Bewohner und Orte wieder integriert und die Landschaft zu einer eigenen Typologie führt? Was ist regional vermarkungsfähig, was muss für die Regionalvermarktung entwickelt und an- und aufgebaut werden?
Bei der Studie wird auf aktuelle Forschung aufgebaut, mit den Landwirtschaftsunternehmen und Experten zusammengearbeitet, Bürger integriert und politisch-rechtliche Rahmenbedingungen sowie die Forderungen der anstehenden Agrarreform 2020 berücksichtigt.
Das Ergebnis wird ein modellhaftes, innovatives Leitbild für ein 'Ackerland des 21. Jahrhunderts' sein, in dem Maßnahmen zur Umsetzung ab 2020 formuliert sind. Die Kooperation wird bis Ende 2020 gefördert:
Landwirtschaft in Thüringen: Innovation statt Nostalgie
IBA Werkstattgespräch in Apolda
2017 beschäftigt sich die IBA Thüringen ausführlich mit der zeitgenössischen Thüringer Kulturlandschaft und fragt, wie produktive Landschaften zum Erlebnis und Erlebnislandschaften produktiv werden können. Dazu arbeitete der IBA Campus in Kannawurf über zehn Tage an der (Er-)Findung einer neuen Landschaftstypologie. Das IBA Werkstattgespräch am 30. Juni führte diese Auseinandersetzung unter dem Titel ‚Landwirtschaft in Thüringen. Innovation statt Nostalgie’ weiter.
Über 70 Teilnehmer kamen am 30. Juni in den Eiermannbau Apolda und beteiligten sich an der offenen Diskussion. Rund um die Frage, in welcher Landschaft und mit welcher Landwirtschaft wir in Thüringen leben wollen, tauschten sie sich über verschiedene Positionen zum Stand und der Zukunft der Thüringer Kulturlandschaft aus.
Bürgermeister Rüdiger Eisenbrand hieß die Besucher in Apolda und dem eindrucksvollen Eiermannbau willkommen. Dr. Marta Doehler-Behzadi, Geschäftsführerin der IBA Thüringen, begrüßte zum IBA Werkstattgespräch und erläuterte, warum sich die IBA Thüringen mit dem Thema Landwirtschaft und Landschaft beschäftige. Dr. Ingo Zopf vom Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft übermittelte seine Grußworte und betonte den Wunsch nach Regionalität.
Dr. Kenneth Anders vom Büro für Landschaftskommunikation und Mitglied des IBA Fachbeirats führte in die Thematik des Werkstattgesprächs ein. Er hob hervor, dass wir den Umgang mit dem ländlichen Raum stärker qualifizieren und besser kommunizieren müssen. Landschaft sei ein geteilter Raum, in dem sich verschiedene Nutzungen miteinander arrangieren müssten. Diese seien aber stark polarisiert und der Diskurs über die Landwirtschaft hochgradig moralisch aufgeladen. Eine neue Öffnung sei dringend erforderlich.
Anschließend stellte der Campusleiter Dirk Wascher und Claudia Siebeck die vier Szenarien des IBA Campus ‚1.500 Hektar Zukunft’ vor. Diese gehen sämtlich auf globale Zusammenhänge ein, sichern aber auch die regionale Identität und gehen von tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft aus. In allen Entwürfen wird das Thüringer Becken mit seinen fruchtbaren Böden und seiner Weite nicht nur erhalten, sondern auch nachhaltig gesichert. Einmal dienen Mono-Waben zur Sicherung der Welternährung, ein andermal werden großmaßstäblich Industriepflanzen angebaut, um den Weltmarkt der biogenen Kunststoffindustrie bedienen zu können. In einem weiteren Szenario wird die Gemeinde Kannawurf zur Region mit Exzellenzprodukten wie z.B. Kaffee. Regionale Selbstversorgung, der Schutz von Flüssen, Wäldern und Wiesen, die Zugänglichkeit von Landschaft spielt in Zwischenräumen und ‚ökosozialen Netzen’ eine große Rolle, ebenso eine finanzielle Unabhängigkeit der Region und gemeinschaftliches Denken und Handeln.
Daran anschließend präsentierte die Fotografin Frederike Sauerbrey zusammen mit Roland Lange vom Künstlerhaus Thüringen e.V. die Fotoausstellung ‚Ich, in meinem Dorf’.
Am Nachmittag lud das Rundtisch-Gespräch zum gemeinsamen Austausch ein. Auf dem Podium diskutierten Dr. Katja Gödeke (Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft), Dr. Stefan Blöttner (Thüringer Bauernverband e.V.), Heinrich Meusel (Landwirt, HEU-HEINRICH Vertriebs UG & Co. KG), Dr. Klaus Hollenberg (Landwirtschaftliche Rentenbank Frankfurt), Claudia Siebeck (IBA Thüringen) und Dirk Wascher (Wageningen University Research) mit dem Publikum über das Verhältnis von Landwirtschaft und Landschaft in Thüringen. Sie behandelten Fragen der nachhaltigen Produktion und Umgang mit Ressourcen, die Langfristigkeit der Produktionsfaktoren, das Verhältnis zwischen Stadt und Land, die Vielfalt des ländlichen Raumes und seine Nutzung, die Möglichkeiten zur (Mit-)Gestaltung und der Kommunikation.
IBA Campus entwickelt vier Szenarien für die Kulturlandschaft des 21. Jahrhunderts
1.500 Hektar Fläche zum Ausprobieren, Planen und Nachdenken, Erfinden und neu justieren: Den vier Campusleitern und zwölf TeilnehmerInnen des IBA Campus stand ein großer Teil der intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft rund um die Nordthüringer Gemeinde Kannawurf zur Verfügung, um hier eine Landschaftstypologie für das 21. Jahrhundert zu entwickeln. Vom 6. bis 16. Juni 2017 lebten und arbeiteten die Studierenden, Landschaftsarchitekten, Young Professionals, Forscher und Gestalter gemeinsam auf dem Schloss und entwarfen am Beispiel der 1.500 Hektar vier Szenarien, wie sich die Landschaft um Kannawurf in den nächten 50 bis 100 Jahren entwickeln könnte. Die Ergebnisse wurden in einer Endpräsentation am 16. Juni in Kannawurf und beim IBA Werkstattgespräch am 30. Juni in Apolda vorgestellt.
Alle Szenarien gehen auf globale Zusammenhänge ein, sichern aber auch die regionale Identität und gehen von tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft aus. In dem Szenario ›Better Business‹ sichern großmaßstäbliche Mono-Waben die Welternährung. Die Bewirtschaftung erfolgt komplett automatisiert, Roboter säen und ernten, riesige Versorgungstürme dienen der Stromerzeugung, der Wasserspeicherung und als Aussichtstürme. Dazwischen befindet sich ein ökosoziales Netz, das Naturschutz, regionalen Anbau und Erholung ermöglicht. ›Polymeer‹ stellt einen großflächigen Anbau von Industriepflanzen dar, der den globalen Weltmarkt der biogenen Kunststoffindustrie bedient. In direkter Dorfnähe können sich auf 130 ha die Bürger selbst versorgen. ›Nomos‹ geht auf die Bedeutung der Region als archäologische Fundstätte ein, betrachtet die Menschheitsgeschichte vom homo erectus bilzinglebensiensis über den homo sapiens bis hin zum homo holensis, der eins mit der Natur wird. ›Bubble grid‹ sieht die Region um Kannawurf verantwortlich für die Versorgung der zukünftigen Metropolregionen Erfurt/Weimar/Jena, Leipzig/Halle und Göttingen, mit denen sie eine Stadtland-Verbindung eingeht. Die Städte werden sowohl mit Standardprodukten wie Weizen als auch mit Exzellenzprodukten wie Kaffee versorgt, den Phosphor zur Düngung seiner Flächen erhält Kannawurf aus den Städten.
Begleitet wurde der Campus von Impulsen renommierter Fachleute: Prof. Antje Stokman, Andrea Balestrini und Stephan Petermann hielten öffentliche Fachvorträge. Bei einem Stakeholder-Treffen konnten sich die Campus TeilnehmerInnen außerdem mit den Landwirten und Bewohnern Kannawurfs austauschen, ein Hoffest bot die Möglichkeit für weitere Kontakte.
Der IBA Campus fand in einer Umgebung statt, in der der kreative, künstlerische Umgang mit der Landschaft auch anderweitig praktiziert wurde: Das Künstlerhaus Thüringen e.V. – der Kooperationspartner des IBA Campus – organisiert hier regelmäßig kulturelle Veranstaltungen und eröffnete im Juni ein eindrucksvolles, temporäres Feldtheater.
Medienpartner des IBA Campus war die Fachzeitschrift Garten und Landschaft.
IBA Fachbeirat empfiehlt Kandidatenstatus für ›Klimakulturlandschaft‹
Der IBA Fachbeirat hat am 24. September 2016 empfohlen, dem Projekt ›Klimakulturlandschaft‹ den Status eines IBA Kandidaten zu verleihen.
Momentan keine Termine
- Internationale Bauausstellung Thüringen GmbH mit Künstlerhaus Thüringen e. V.
- Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft mbH
- Agrar GmbH Oldisleben
- Förderung im Rahmen der Zusammenarbeit in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete und den Freistaat Thüringen
- Internationale Bauausstellung Thüringen GmbH
- Internationale Bauausstellung Thüringen GmbH mit Künstlerhaus Thüringen e. V.
- Landwirtschaft Kannawurf Betriebsgesellschaft mbH
- Agrar GmbH Oldisleben
- Green4Cities GmbH
- Ökotrend — Projekt und Marketing GmbH
- Thüringer Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum (assoziierter Partner)
- Förderung im Rahmen der Zusammenarbeit in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete und den Freistaat Thüringen, Teilmaßnahme A — Tätigkeit von operationellen Gruppen der Europäischen Innovationspartnerschaft ›Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit‹
- Internationale Bauausstellung Thüringen GmbH
- quartier vier — Herberg | Siebeck | Wortelkamp Architekten und Landschaftsarchitekten, Leipzig
- Edgar Reisinger
- Stefan Michel
-
- Leitbild Klimalandschaftstypologien mit überbetrieblichem Fruchtfolgenmanagement
- Hydrologische Untersuchung Keylines Kannawurf (S. 85)
- Konzept Land(wirt)schaftsobservatorium Kannawurf (S. 117)
- Artikel Kerstin Faber, Bernhard König und Claudia Siebeck, IBA Magazin 2021
- Artikel Roland Lange, IBA Magazin 2021
- Artikel IBA Magazin 2020
- Videobeiträge IBA Werkstatt 2020
- IBA Logbuch, Stand 2019
- Doku IBA Campus 2017 Kannawurf