Nordhausen, Rahmenplan Klimaquartier Nordhausen-Nord
Suffizient, effizient, konsistent
Mit rund 42.000 Einwohner:innen bildet die Stadt Nordhausen das urbane Zentrum einer vornehmlich ländlich geprägten Region in Nordthüringen. Im Norden, Osten und Westen der Stadt entstanden in den 1970er und 1980er Jahren die für diese Zeit typischen Großwohnsiedlungen der ehemaligen DDR. Nordhausen-Nord ist mit einer Fläche von rund 24 Hektar, einer Wohnfläche von etwa 69.000 Quadratmetern und etwa 2.000 Einwohner:innen einer der drei großen Plattenbaustandorte der Stadt. Beim Gebäudebestand handelt es sich größtenteils um die Wohnungsbauserie WBS 70, einige der Gebäude wurden bereits in den 1990er Jahren teilsaniert. Das Quartier verfügt darüber hinaus über Nahversorgungsangebote, soziale Einrichtungen und einen Straßenbahnanschluss in die Innenstadt, zum Bahnhof und von dort aus per Hybridfahrzeug in den Harz. Ein Teil der Mieterschaft, die mit dem Bau des Quartiers eingezogen sind, lebt noch heute hier und genießt die hohe Wohn-und Versorgungsqualität. Das wirft allerdings auch die Frage auf, wie man das Quartier zukünftig für neue und vielfältige Bewohnergruppen attraktiver gestaltet.
Um dafür auf städtebaulicher Ebene Perspektiven zu erarbeiten, führte die IBA Thüringen im Jahr 2017 gemeinsam mit der Stadt Nordhausen und den beiden großen Wohnungsunternehmen vor Ort eine Mehrfachbeauftragung für einen städtebaulichen Rahmenplan durch. Der Innovationsanspruch bestand in der Herstellung eines neuen Gesamtzusammenhangs der klimagerechten städtebaulichen Entwicklung — weg von einem bevorzugt technisch-quantitativen Ansatz hin zu einer gesellschaftlichen Querschnittsaufgabe. So kann ein Beitrag zur Energiekulturlandschaft geleistet werden, indem durch Maßnahmen der energetischen Sanierung ein sinnstiftender Umbau auf Quartiersebene ermöglicht wird, der unterschiedliche Teilquartiere mit ablesbaren Identitäten schafft. Ein Beitrag zur StadtLand-Mobilität kann geleistet werden, indem durch Angebote der nachhaltigen Mobilität ein aktives und multimodales Mobilitätsverhalten motiviert wird, das auf barrierefreie kurze Wege sowie attraktive Bewegungsräume im Quartier aufbaut. Und ein Beitrag zur Wertstoffwende könnte geleistet werden, indem durch Förderung des lokalen Energie- und Stoffkreislaufmanagements multifunktionale Freiräume und Treffpunkte im Quartier Nordhausen-Nord entstehen, die zugleich das Stadtteilzentrum, die Übergänge in angrenzende Quartiere sowie den Stadteingang stärken. Bei der Umsetzung stehen neben einem möglichst sparsamen und effektiven Ressourceneinsatz stets die Wechselwirkungen zwischen räumlicher Transformation und gesellschaftlichem Wandel im Mittelpunkt.
Das Konzept der Arbeitsgemeinschaft Teleinternetcafe Architektur und Urbanismus mit HWK Landschaftsarchitekten aus Ratingen überzeugte die Jury mit der sensiblen Herausarbeitung der Entwicklungsansprüche und Quartierspotenziale. Entstanden ist so ein Klimaquartierskonzept — suffizient, effizient und konsistent —, das als dynamischer Rahmenplan drei parallele Raumentwicklungsstrategien mit vielfältigen Maßnahmen verfolgt:
Die Strategie ›Mehr Siedlung! Pointieren!‹ zielt auf die Entfaltung der Wohnhöfe als vielfältige ›Multitalente‹. Für eine zukünftig sozial und demografisch heterogene Bewohnerschaft sollen in Form unterschiedlich intensiver baulicher Eingriffe in den Bestand neue Raumangebote geschaffen werden. Um die Plattenbauquartiere von Parkplätzen zu entlasten und zu entsiegeln, sind neben E-Mobilitätsangeboten Quartiersgaragen in ressourcenschonender Bauweise angedacht, die bereits mit Nachnutzungs- und Ausbaumöglichkeiten für Wohnen und Arbeiten entwickelt werden sollen. Grafik: TELEINTERNETCAFE Architektur und Urbanismus, Berlin/Hamburg, mit HWK Landschaftsarchitekten, Ratingen
Im Rahmen der Strategie ›Mehr Stadt! Intensivieren!‹ verdichtet sich die öffentliche Quartiersmitte baulich und programmatisch. Kurze Wege, vielfältige und sich überlagernde Nutzungen sowie eine schrittweise Neuorganisation des Verkehrs mit Fokus auf den ÖPNV, Rad- und Fußverkehr berücksichtigen die Alltagsbedarfe in diesem zentralen Stadtraum. Ein ›Stadtloop‹ als großzügige und barrierefreie Wegeverbindung vernetzt gestalterisch vorhandene und neue öffentliche Erdgeschossnutzungen, lädt zum Flanieren und Verweilen ein. Grafik: TELEINTERNETCAFE Architektur und Urbanismus, Berlin/Hamburg, mit HWK Landschaftsarchitekten, Ratingen
Mit der Strategie ›Mehr Land! Modifizieren!‹ übernehmen die Freiräume soziale, ökologische und infrastrukturelle Funktionen. Sie sollen schrittweise mit den Bewohner:innen zu gemeinschaftlichen Räumen mit verbesserter Aufenthalts- und Lebensqualität weiterentwickelt werden. Die am Rand gelegenen Landschaftsräume lassen sich programmatisch aufladen und leerstehende Garagen als ›Hobbyhimmel‹ oder ›Entschleunigungsdatschen‹ stärker zu neuen Stadt-Land-Wegebeziehungen umnutzen. Grafik: TELEINTERNETCAFE Architektur und Urbanismus, Berlin/Hamburg, mit HWK Landschaftsarchitekten, Ratingen
Die Teilhabe an der Ausgestaltung dieser Konzepte ist wiederum Basis der Umsetzung. Bereits während der Ausarbeitung des Rahmenplans wurde eine Einladung an alle Bewohner:innen ausgesprochen. Das Team aus Berlin und Ratingen eröffnete dazu ein temporäres offenes Planungsbüro in einer leerstehenden Wohnung und lud zu Gesprächen ein. Dieser Austausch bildete die Grundlage für alle folgenden Planungen und Realisierungen. Seit 2018 befindet sich der Rahmenplan in der Umsetzung entlang der drei Entwicklungsstrategien und anhand von den IBA Projekten Stadtloop, Nordpark und Ossietzky-Hof.
Klimaregion Nordhausen im IBA Finale 2023
Die vierte Etappe der finalen IBA Tour führte den Fachbeirat und das Team der IBA Thüringen am 1. März 2023 nach Nordhausen. Dort überreichte die IBA Geschäftsführerin Marta Doehler-Behzadi den Projektträger:innen Stadt Nordhausen, der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft mbH (SWG) Nordhausen, der Hochschule Nordhausen, dem Kooperationspartner Landkreis Nordhausen sowie den Planungsbeteiligten Urkunden zur Aufnahme in die IBA Abschlusspräsentation. Dieser symbolische Akt ist die finale Auszeichnung, welche ein IBA Vorhaben im Rahmen der IBA Thüringen erreichen kann.
IBA Fachbeirat empfiehlt Projektstatus für Rahmenplan zur klimagerechten Quartiersentwicklung Nordhausen
IBA Kandidat wird, wer gute Ideen und Konzepte für das StadtLand vorweisen kann. In einem anschließenden Qualifizierungsprozess mit Workshops, Studien, Wettbewerben und ersten Planungen reifen diese Ideen zu Projekten, an die ein hoher Maßstab angelegt wird. IBA Projekte sollen für die Entwicklung Thüringens und darüber hinaus Referenz und Vorbild sein.
2019 wurde der Rahmenplan für die klimagerechte Quartiersentwicklung in Nordhausen beschlossen. Dazu gehört auch der Umbau von Plattenbauquartieren für eine vielfältige Bewohnerschaft. Beim Ossietzky-Hof wird es 2021 konkret: Die SWG Nordhausen hat in den vergangenen Wochen mit dem ersten Bauabschnitt für den Umbau eines Gebäudes begonnen. ›Ludwig‹, so der Name des Wohnblocks, ist der erste bauliche Schritt für eine energetische Quartierserneuerung, die in den letzten Monaten gründlich konzipiert wurde.
Ein weiterer Baustein des Rahmenplans in Nordhausen ist die Entwicklung der Quartiersmitte. Sie soll langfristig baulich und programmatisch verdichtet werden. Dafür soll ein sogenannter ›Stadtloop‹ als verbindendes Element zwischen den Teilräumen entstehen.
Bis Ende 2021 soll ein erster Entwurf für den Stadtloop erarbeitet werden; eine generationsübergreifende Freiraumgestaltung aus recyclingfähigen Baustoffen ist seit diesem Jahr in Planung.
Der IBA Fachbeirat empfahl Anfang März 2021 den Projektstatus für den gesamten Rahmenplan zur klimagerechten Quartiersentwicklung Nordhausen Nord.
Wettbewerb in Nordhausen entschieden
Unter dem Titel ›Multitalent gesucht‹ lobte die Städtische Wohnungsbaugesellschaft in Kooperation mit der Stadt Nordhausen einen hochbaulichen und freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb aus, in dem integrierte Lösungen für den Umbau eines Plattenbauhofes unter Beachtung des Bestands gesucht wurden. Wohnen, Soziales, Freiraum, Mobilität, Energie, Wasser und Versorgung sollten auf Quartiersebene für eine sozial und demografisch vielfältige Bewohnerschaft neu zusammengedacht werden. Statt konventioneller Sanierungswut und radikalem Umbau wurden smarte Ideen gesucht, die unter anderem Antworten auf die Frage finden: Welcher kleinstmögliche Eingriff hat die größtmögliche Wirkung?
Hütten & Paläste Architekten, Berlin, mit herrburg Landschaftsarchitekten, Berlin und mit eZeit Ingenieure, Berlin sowie mit ZRS Architekten GvA mbH, Berlin
Hütten & Paläste Architekten, Berlin, mit herrburg Landschaftsarchitekten, Berlin und mit eZeit Ingenieure, Berlin sowie mit ZRS Architekten GvA mbH, Berlin_2
Hütten & Paläste Architekten, Berlin, mit herrburg Landschaftsarchitekten, Berlin und mit eZeit Ingenieure, Berlin sowie mit ZRS Architekten GvA mbH, Berlin_3
Hütten & Paläste Architekten, Berlin, mit herrburg Landschaftsarchitekten, Berlin und mit eZeit Ingenieure, Berlin sowie mit ZRS Architekten GvA mbH, Berlin_4
einszueins Architektur ZT GmbH, Wien, mit YEWO Landscapes e.U, Wien und mit E7 Energie Marktanalyse GmbH, Wien
einszueins Architektur ZT GmbH, Wien, mit YEWO Landscapes e.U, Wien und mit E7 Energie Marktanalyse GmbH, Wien_2
einszueins Architektur ZT GmbH, Wien, mit YEWO Landscapes e.U, Wien und mit E7 Energie Marktanalyse GmbH, Wien_3
einszueins Architektur ZT GmbH, Wien, mit YEWO Landscapes e.U, Wien und mit E7 Energie Marktanalyse GmbH, Wien_4
Buero Kofink Schels, München, mit Dyvik Kahlen Architects, London, und mit Treibhaus Landschaftsarchitektur, Hamburg, sowie mit Bauart Konstruktions GmbH & Co.KG, München
Buero Kofink Schels, München, mit Dyvik Kahlen Architects, London, und mit Treibhaus Landschaftsarchitektur, Hamburg, sowie mit Bauart Konstruktions GmbH & Co.KG, München_2
Buero Kofink Schels, München, mit Dyvik Kahlen Architects, London, und mit Treibhaus Landschaftsarchitektur, Hamburg, sowie mit Bauart Konstruktions GmbH & Co.KG, München_3
Buero Kofink Schels, München, mit Dyvik Kahlen Architects, London, und mit Treibhaus Landschaftsarchitektur, Hamburg, sowie mit Bauart Konstruktions GmbH & Co.KG, München_4
Konzept ›Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung‹
Um auf städtebaulicher Ebene Zukunftsperspektiven für das Quartier Nord zu erarbeiten, führte die Stadt Nordhausen gemeinsam mit den beiden Wohnungsunternehmen – die Städtische Wohnungsgesellschaft mbH Nordhausen und die Wohnungsbaugenossenschaft Südharz eG – im Rahmen der IBA eine Mehrfachbeauftragung als dialogisches Verfahren zur Entwicklung einer städtebaulichen Rahmenstudie durch. Der Innovationsanspruch an die Rahmenstudie bestand in der Herstellung eines neuen Gesamtzusammenhangs zwischen Bewohner:innen, Klimaschutz, Energiewende, Mobilität, Bebauung, Freiraumnutzung und Stadt-Landschaftsbezügen. Ziel war eine gestalterisch exzellente und klimagerechte Quartiersentwicklung (sozialverträglich, sozioökonomisch und ressourcenschonend).
Für die Bearbeitung eingeladen wurden drei Arbeitsgemeinschaften:
- 1. Teleinternetcafe (Berlin ) mit HWK LandschaftsArchitekten Knödler (Ratingen)
- 2. DeZwarteHond. (Rotterdam/Köln) mit plandrei Landschaftsarchitektur (Erfurt)
- 3. Topotek 1 (Berlin)
Eine Jury unter Vorsitz von Florian Köhl (fatkoehl architekten, Berlin) empfahl am 13. Juni 2017 zur Ausarbeitung des Rahmenplans das Konzept der Arbeitsgemeinschaft Teleinternetcafe und HWK LandschaftsArchitekten Knödler.
Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung
Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung – heißt das Konzept der Arbeitsgemeinschaft Teleinternetcafe/HWK. Das Team beantwortet die Frage, wie sich das Plattenbauquartier Nordhausen Nord zwischen Stadt und Land erneuern kann, mit der sensiblen Herausarbeitung seiner Potenziale. Dazu entwickeln die Autoren einen dynamischen Rahmenplan auf drei Ebenen:
Teleinternetcafe Wettbewerb 2017_Mehr Stadt
Teleinternetcafe Wettbewerb 2017_Mehr Siedlung
Teleinternetcafe Wettbewerb 2017_Mehr Landschaft
Ablauf Mehrfachbeauftragung:
11. April 2017 Auftaktveranstaltung
09. Mai 2017 Zwischenpräsentation
13. Juni 2017 Endpräsentation und Jurysitzung
21. Juni 2017 Bürgergespräch
Verfahrensbetreuung:
Vinzenz Dilcher, UmbauStadt GbR (Weimar)
Matthias Seidel, UmbauStadt GbR (Weimar)
Fachjury:
Dr. Marta Doehler-Behzadi, Stadtplanerin, Geschäftsführerin IBA Thüringen
Prof. Dr. Dagmar Everding, Architektin, Professur Dezentrale Strukturen und Systeme, Hochschule Nordhausen
Florian Köhl, Architekt, fatkoehl architekten (Berlin)
Jun.-Prof. Dr. Sigrun Langner, Landschaftsarchitektin, Professur Landschaftsarchitektur und -planung, Bauhaus-Universität Weimar, STATION C23 (Leipzig)
Prof. Ingo Andreas Wolf, Architekt und Stadtplaner, Professur für Städtebau und Entwurf, HTWK Leipzig, pwbaukunst (Leipzig), Mitglied des Fachbeirats der IBA Thüringen
Sachjury:
Sven Dörmann, Vorstand Wohnungswesen der Wohnungsbaugenossenschaft eG Südharz
Inge Klaan, Geschäftsführerin der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft mbH Nordhausen
Manfred König, Erster ehrenamtlicher Beigeordnete der Stadt Nordhausen
Dr. Horst Petri, Bewohnervertreter
Sachverständige Berater/innen (ohne Stimmrecht):
Petra Diemer, Stadt Nordhausen, Amt für Zukunftsfragen und Stadtentwicklung
Kerstin Faber, Projektleiterin IBA Thüringen
Beate Meißner, Stadt Nordhausen, Amt für Zukunftsfragen und Stadtentwicklung
Burkhard Zschau, Faktor-i³ Energiekonzepte und Beratung, Autor der Energie- und Potenzialanalyse für Nordhausen Nord (Ehrenfriedersdorf/Dresden)
Presseberichte:
NZZ Online: Mehr Stadt. Mehr Land. Mehr Siedlung
Thüringer Allgemeine: Weniger Platte, mehr Leben: Nordhausen-Nord wird umgestaltet
Abschlussforum zur ›Zukunftsstadt Nordhausen‹
Mit reger Beteiligung fand am Montag, dem 14. März 2016, in Nordhausen die Abschlussveranstaltung zur ersten Phase des Wettbewerbs ›Zukunftsstadt 2030+‹ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung statt.
Erneut fanden sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger dafür im Bürgerhaus ein und diskutierten zwei Stunden intensiv die Kernthemen der vorangegangenen drei Bürgerwerkstätten. Erfreut über das Interesse und die große Zahl an neugierigen Bürger:innen zeigten sich neben den anwesenden Vertreter:innen der Stadtverwaltung, der IBA Thüringen und den Moderator:innen vom Planungsbüro StadtLabor aus Leipzig auch Oberbürgermeister Dr. Zeh, der das Grußwort hielt, sowie Prof. Dr. Wagner, Rektor der Hochschule Nordhausen, der mit seinen abschließenden Worten den Abend beendete.
Die an diesem Abend gebildete Redaktionsgruppe aus Bürger:innen und Verwaltung kümmerte sich um die Gestaltung der Zukunftszeitung für Nordhausen und um die Formulierung des Abschlussberichts (siehe Links/Material).
Die an diesem Abend gebildete Redaktionsgruppe aus Bürgern und Verwaltung wird sich nun um die Gestaltung einer Zukunftszeitung und um die Formulierung des Abschlussberichts kümmern. Beide Teile bilden zusammen mit dem ›Zukunftsbild-Nordhausen‹ den Wettbewerbsbeitrag, den Nordhausen beim Bundesministerium für Bildung und Forschung im Sommer einreichen wird. Die Jury des Ministeriums wird anschließend die 20 vielversprechendsten Beiträge aus den 51 Teilnehmerstädten auswählen, welche dann die Förderung für die zweite Phase des Wettbewerbs erhalten.
Bürgerwerkstätten für Zukunftsstadt
Foodsharing in Nordhausen? Ein Solarkataster für Bürgerenergie-Initiativen? Ein Flashmob zum Thema Energie sparen? Am 25. November 2015 lud die Stadt Nordhausen in Kooperation mit der Hochschule Nordhausen und der IBA Thüringen wieder in das Bürgerhaus in Nordhausen ein. Rund 70 Interessierte aus Stadt und Land läuteten gemeinsam die erste Runde von insgesamt drei Werkstattgesprächen im Rahmen des Wettbewerbs ›Zukunftsstadt‹ ein.
Der Abend im Bürgerhaus ermöglichte es, dass sich visionäre und engagierte Akteur:innen neu kennenlernen und weiter vernetzen konnten. Nur mit ihnen gemeinsam kann Nordhausen zur Region werden, in der regionale Wertschöpfung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit groß geschrieben werden.
Anwesend waren interessierte Bürger:innen, Schüler:innen und Studierende, Bürgermeister:innen aus den Gemeinden der Region Nordhausen, die Stadtwerke, Wohnungsgesellschaft und –genossenschaft, Vereine, Energiegenossenschaften.
Ergebnis des ersten Tages: Viele Projekte für eine Zukunftsstadt sind in Nordhausen und im Landkreis bereits Realität. So gibt es beispielsweise Bürger:innen, die ihr Auto der Gemeinschaft zur Verfügung stellen, indem sie es stunden- oder tageweise vermietet. Andere Initiativen, wie beispielsweise die Bürgerstiftung Park Hohenrode engagieren sich schon seit Jahren für die Grundflächenentwicklung in der Region. Unternehmen wie die städtische Wohnungsgesellschaft investieren bereits in Projekte zur Gestaltung des energetischen Wandels.
Einen kurzen Input zu den Themen der drei Arbeitsgruppen ›Gemeinsam investieren‹, ›Gemeinsam Verhalten ändern‹ und ›Gemeinsam motivieren‹ gaben der Kommunikationsdesigner Prof. Steffen Schuhmann von der Kunsthochschule Berlin Weissensee, die Projektleiterin Kerstin Faber von der IBA Thüringen, der Vorsitzende des Vereins Bürgerenergie Thüringen Matthias Golle sowie Prof. Dagmar Everding vom Lehrstuhl Ökologischer Stadtumbau der Hochschule Nordhausen.
Mobil in die Zukunft
Im Januar 2016 trotzten wieder rund 70 Teilnehmer:innen dem Wintereinbruch und kamen zur zweiten Bürgerwerkstatt, um eine Stadt-Land-Mobilität für das Jahr 2030 zu entwerfen. Den fachlichen Einstieg der Veranstaltung lieferten die beiden Referenten und Experten für Mobilität Prof. Dr. Gather von der FH Erfurt und Dr. Wilde von der Goethe-Universität Frankfurt. So stellte sich unter anderem heraus, dass im Durchschnitt ein Fahrzeug zu 95% ungenutzt bleibt, ein öffentlicher Parkplatz uns alle statistisch aber 10.000 Euro pro Jahr dafür kostet. Ein CarSharing Auto ersetzt wiederum bis zu acht Privat-Pkws – und würde uns damit um 80.000 Euro pro Jahr erleichtern. Neben diesen Informationen wurden zahlreiche praktische Beispiele zu innovativen und bewegenden Initiativen und Projekten vorgestellt. In drei Arbeitsgruppen wurde anschließend weitergearbeitet.
In der ersten Arbeitsgruppe unter dem Titel ›Nordhausens Nahverkehr gesichert in die Zukunft‹ kamen die Möglichkeiten und Wege zur Sprache, den Nahverkehr in Stadt und Landkreis dauerhaft zu sichern. So wurde über einen ticketlosen ÖPNV im gesamten Landkreis und die Möglichkeiten eines Bürgerbusvereins für Nordhausen diskutiert.
Die zweite Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit dem Thema ›Teilen statt besitzen‹, eine Überzeugung mit Nachholbedarf in Sachen Anhängerschaft. Die Wege zu einem sicheren und lebenswerten Straßenraum wurden in der dritten Arbeitsgruppe besprochen. Initiativen wie autofreie Tage, Rad- und Fußverkehrs-Apps mit Belohnungssytem und Lastenraddienstleistungen wurden vorgeschlagen.
Innovativ denken, realistisch handeln
Im Februar 2016 fand die 3. Bürgerwerkstatt, wieder mit rund 70 Teilnehmer:innen, statt. Diesmal zum anspruchsvollen Thema energetischer Stadtumbau.
Die Hochschule Nordhausen ist als Forschungs- und Bildungseinrichtung eine Quelle für Fachwissen. Prof. Dr. Dagmar Everding und Prof. Dr. Rainer Große stellten am Beginn der Veranstaltungen die aktuellen Forschungsschwerpunkte der Hochschule vor. In den Arbeitsgruppen berichteten Studierende von Semesterprojekten, in denen sie konkrete Vorschläge für den energetischen Stadtumbau in Nordhausen erarbeiteten. Christina Sager-Klaus vom Fraunhofer Institut für Bauphysik in Kassel betonte in ihrem Einstiegsvortrag die Notwendigkeit, Projekte zu initiieren, die sich langfristig eigenwirtschaftlich entwickeln können. Der Stadtumbau muss vor allem aus dem Bestand gedacht werden.
Innovativ denken und realistisch handeln war dann auch das Ergebnis der ersten Arbeitsgruppe ›Energetischer Umbau von Stadtquartieren‹. Die technischen Mittel zur Erzeugung Erneuerbarer Energien (EE) stehen bereits zur Verfügung. Vorhandene Infrastrukturen müssen auf die Nutzung von EE geprüft und umgestellt werden. Energetischer Stadtumbau bedeutet aber auch, kurze Wege zu ermöglichen. Die Einsparung von CO2 steht an erster Stelle, ebenso die soziale Verträglichkeit. Energetischer Stadtumbau muss daher immer mit einer sozial-räumlichen Qualifizierung zusammengedacht werden und darf nicht nur vor dem Hintergrund der energetischen Optimierung erfolgen.
Den Einstieg und die fachliche Begleitung der zweiten Arbeitsgruppe zum Thema ›Energielandschaft StadtLand gestalten‹ gab Prof. Dr. Doris Gstach, die die Professur Freiraumplanung und Landschaftsgestaltung an der FH Erfurt inne hat. Der Wandel im System der Energieerzeugung und Ressourcennutzung hat immer Auswirkungen auf die Landschaft gehabt. Zeugnisse historischer Produktionslandschaften werden heute größtenteils akzeptiert, sogar als natürlich ästhetisch empfunden. Dies muss auch für die aktuelle Energiewende gelten. Dabei müssen Freizeitlandschaft, Naturschutz und produktive Landschaft – ob landwirtschaftlich oder energetisch – viel stärker als eine Einheit zusammen gedacht werden. Es wurde anschließend diskutiert, wie ein Handbuch für Best Practice-Beispiele für die Region entstehen kann.
Die dritte Arbeitsgruppe ›Vom Altbau zum energetischen Traumhaus‹ beriet der Architekt Steffen Langner von ADOBE Architekten aus Erfurt. Ergebnis: Es müssen immer Individuallösungen gefunden werden, die eine nachhaltige soziale, ökonomische und ökologische Entwicklung ermöglichen. Eine Blaupause gibt es nicht. Darüber hinaus wurden konkrete Maßnahmen - wie beispielweise das Nutzen regionaler Ressourcen als nachhaltige Baustoffe für den Wohnungsbau und der Verzicht auf Verbundstoffe – diskutiert.
Startschuss für die ›Zukunftsstadt‹
Vision Nordhausen 2030: Eine Stadt und ihre Region versorgen sich selbst mit erneuerbarer Energie. Autos besitzt man nicht mehr, sondern man teilt sie sich. Parkplätze sind zu Plätzen für Parks geworden. Nordhausen isst, was in der Region, in der Stadt oder an Fassaden wächst. Neben einem Klimaschutzmanagement gibt es auch einen Ernährungsbeirat auf StadtLand-Ebene. Neubauland war gestern, in der Zukunft wird nur nachverdichtet oder umgebaut – mit klugen Raumlösungen und Mischnutzungen, aus recycelten, nachwachsenden und energiegewinnenden Rohstoffen sowie mit der neusten Speichertechnologie ausgestattet, versorgen sich die Gebäude selber. Abwasser zur Wärmegewinnung ist selbstverständlich; Trinkwasser für die Toilette ist Schnee von gestern. Der Supermarkt nebenan verkauft Lebensmittel ohne Verpackung. In einer Innovationswerkstatt entwickeln Schulen und Start-Ups Müllrecyclingprodukte. Und ganz nebenbei: Im Fitnessstudio wird nicht nur Energie verbrannt, sondern durch Strampeln produziert.
Die hier genannten Projekte sind keine Zukunftsmusik. Es gibt sie in Deutschland bereits. Was wäre aber, wenn die Stadt Nordhausen und ihre Region sie alle vereinen oder besser noch, darüber hinaus viele eigene Ideen entwickeln und umsetzen und damit selbst zum Vorreiter würde? Was wäre, wenn Nordhausen die erste ›2000 Watt Gesellschaft‹ bewusst lebt und nicht nur propagiert? Klimaschutz bedeutet nicht nur die Produktion erneuerbarer Energien, sondern auch Energieeinsparung und einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen in allen Lebensbereichen wie Mobilität, Esskultur, Baukultur, Konsum, Produktion – vom Materialursprung über die Verwendung bis zur Müllvermeidung. Das kann eine Stadt jedoch nicht alleine. Stadt und Land sind gefragt. Bewohner:innen, Vereine, Unternehmen, Schulen, öffentliche und private Institutionen!
Deshalb bewarb sich die Stadt Nordhausen gemeinsam mit der Hochschule Nordhausen im Rahmen der IBA Qualifizierungsarbeit beim Wettbewerb ›Zukunftsstadt‹ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Unter dem Titel ›Modellstadtregion für energetischen Wandel 2030+‹ schaffte es Nordhausen als eine von 51 Kommunen deutschlandweit in die erste Phase des Wettbewerbs. 2015 ging es in der ersten Phase darum, die vielen Akteur:innen und Ideen für eine umweltbewusste und ressourcenschonende Zukunftsgestaltung zu finden und erste gemeinsame Projektvorschläge zu verabreden. Dazu fanden drei Bürgerwerkstätten statt.
Die Auftakt- und Informationsveranstaltung zum Wettbewerb ›Zukunftsstadt‹ fand Im Oktober 2015 im Bürgerhaus Nordhausen statt. Der Einladungen folgten etwas 60 Akteur:innen, die sich an moderierten Tischgesprächen folgenden Fragen stellten: Was können wir nur gemeinsam tun? Wie sieht die Mobilität der Zukunft aus? Was ist ein energetischer Stadtumbau? Heraus kamen Ideen und Vorstellungen, die in die Vorbereitung der Bürgerwerkstätten fließen:
November 2015: 1. Bürgerwerkstatt ›Gemeinsam Handeln‹
Januar 2016: 2. Bürgerwerkstatt ›Stadt-Land-Mobilität‹
Februar 2016: 3. Bürgerwerkstatt ›Energetischer Stadtumbau‹
März 2016: Abschlussveranstaltung und Präsentation der Ergebnisse
IBA Fachbeirat empfiehlt Kandidatenstatus für die Klimaregion Nordhausen
Der IBA Fachbeirat hat am 30. September 2014 empfohlen, der Klimaregion Nordhausen den Status eines IBA Kandidaten zu verleihen.
Momentan keine Termine
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- Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft: Europäische Fonds für regionale Entwicklung